Glaubt
man den Erklärungen aus den Reihen der Athener Regierungskoalition,
dann „drohe Griechenland das Chaos“, sollte die vorgezogene
Präsidentenwahl scheitern und Syriza als Sieger aus den folgenden
Parlamentswahlen hervorgehen. Vor einer „irreparablen Schädigung
der griechischen Wirtschaft“ aufgrund der entstandenen „politischen
Instabilität“, warnte Yiannis Stournaras, Präsident der
griechischen Zentralbank und bis Mai 2014 Finanzminister in der
Regierung Samaras. Unterstützt wird die Angstkampagne vor einem
möglichen Regierungswechsel durch ranghohe EU-Funktionäre, wie den
Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker. In
Brüssel sehe man lieber „vertraute Gesichter“ in einer
zukünftigen griechischen Regierung.
Auch
führende deutsche Regierungspolitiker und die Mehrzahl der Medien
beteiligen sich, wie schon während des Wahlkampfes im Frühsommer
2012, an dieser Kampagne. Ihre Botschaft an die griechischen Wähler
lautet: Ihr werdet einen hohen Preis für die Wahlentscheidung zu
Gunsten der Linken zu zahlen haben. Die Märkte und das übrige
Europa – darunter verstehen sie deren Regierungen – werden euch
das Vertrauen entziehen und Griechenland in eine noch größere
wirtschaftliche Depression stürzen. Die Drohkulisse ist aufgebaut;
ob sie die beabsichtigte Wirkung bei den Wählern hervorruft, bleibt
offen.
Denn
die letzten zweieinhalb Jahre der bedingungslosen Umsetzung der
Spardiktate durch die Athener Regierung haben eine wirtschaftlich,
sozial und humanitär zerrüttete Gesellschaft hinterlassen.
Demokratische Verfahrensweisen und Regeln sind diesem Prozess zum
Opfer gefallen. Die Bevölkerung hätte bei eventuellen Neuwahlen die
Chance, die für diese Entwicklung mit verantwortlichen Politiker und
Parteien in Griechenland abzuwählen.
Die
griechische Bevölkerung braucht bei der Wahrnehmung ihrer
demokratischen Rechte keine ungebetenen Ratschläge von Außen, vor
allem keine Drohungen durch die wirtschaftlich Mächtigen und durch
Regierungsvertreter aus anderen europäischen Staaten.
Wir
lehnen die Vorstellung der Bundeskanzlerin Merkel von einer
„marktkonformen Demokratie“ ab, nach der ganz Europa
funktionieren soll. Dem Recht des Stärkeren und der Märkte setzen
wir die Solidarität der „Schwachen“, der arbeitenden und
erwerbslosen Bevölkerungen in Europa entgegen.
Dies
war unsere Motivation für den Austausch mit zahlreichen
gewerkschaftlichen, sozialen und politischen Initiativen, für unsere
Besuche in und die Gegenbesuche aus Griechenland. Wir konnten uns so
ein Bild von den wirklichen Zuständen in Griechenland machen, vom
Ausmaß der Verwüstungen, die die Troika und ihre Athener
Befehlsempfänger hinterlassen haben. Wir werden der Hetze durch
Medien und Politiker in Deutschland entgegentreten, die das Ziel
verfolgen, diese Zustände aufrecht zu erhalten und werden der
griechischen Bevölkerung solidarisch zur Seite stehen!
Erstunterzeichner:
Rolf
Becker (Schauspieler, ver.di); Eberhard Rondholz (Journalist);
Wolfgang Pomrehn (Journalist); Ulrike Kumpe (Redaktion der Zeitung
'contraste'); Ulrike Eifler (DGB Südosthessen); Rainhard Raika (DGB
Darmstadt); Prof. Dr. Céline Jouin, (SUD education); Gerd Graw
(Delegierter IGM Salzgitter); Fritz Klein (BR, S-Bahn Berlin, EVG);
Uwe Krug (BR, S-Bahn Berlin, GDL); Jochen Gester, Hans Köbrich, Nina
Knirsch, David-S. Schumann (Arbeitskreis Internationalismus der IG
Metall Berlin); Manfred Klingele (GEW Hamburg); Rainer Thoman (Unia,
Zürich); Kalle Kunkel (Gewerkschaftssekretär Berlin); Cordula Muehr
(Ärztin) Dr. Nadja Rakowitz (Geschäfts-führerin des Verein
demokratischer Ärztinnen und Ärzte); Dr. Peter Hoffmann
(stellvertre-tender Vorsitzender des Verein demokratischer Ärztinnen
und Ärzte); Dr. Bernhard Winter (stellvertretender Vorsitzender des
Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte); Dr. Gregor Kritidis
(Loccumer Initiative kritischer Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler); Michael Aggelidis (Bonn, Rechtsanwalt,
Landesvorstand DIE LINKE.NRW); Paul Michel ( Mitglied des VerDi
Ortsvorstandes Schwäbisch Hall); attac Osnarbrück; Dieter Wegner,
(jour fixe Gewerkschaftslinke Hamburg); Angela Müller, Alexandra
Pavlou, Peter Klemm, Mariana Munk, Lothar Zieske, Anita Friedetzki,
Silke Mahlau, Rainer Basowski (Griechenland Soligruppe attac
Hamburg); Hubert Schönthaler (DIE LINKE, Köln);
Griechenland-Solidaritätskomitee Köln (GSKK).
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